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Projektwoche Madagaskar am Hümmling Gymnasium Sögel - Die Insel

Madagaskar
Karte

Madagascar

Die schöngeistige Literatur hat der Geographie schon oft Dienste geleistet, indem sie Landschaften und Gebiete, die bis dahin der Menge der Gebildeten nicht recht vertraut waren, in den Kreis der Beachtung und Betrachtung gezogen. Vielleicht noch mehr als die Fachliteratur. die immerhin doch nur einem engen Kreise von Interessenten zugängig wird.

Wenn wir uns fragen, bei welcher Gelegenheit früher, als die Weltgeographie noch nicht zu den politischen Aufgaben zählte, das Wort Madagaskar zuerst an das Ohr der gebildeten Deutschen klang, dann müssen wir aufrichtig darauf erwidern, daß es ein Gedicht "Der Löwenritt" von Ferdinand Freiligrath war, das die Phantasie eines weiten Leserkreises auf jene große Insel im Indischen Ozean an der Südküste Afrikas lenkte.

Dann kam in neuerer Zeit noch ein politisches Moment hinzu, welches so eigenartig mit einem allgemein menschlischen verquickt war, daß das große Inselreich urplötzlich in den Vordergrund der Zeitungswelt rückte — es war zu jener Zeit, als Frankreich mit Madagaskar in Streitigkeiten geraten war und es sich dabei herausstellte, daß das dort herrschende Volk, die Hova, eine Art Amazonenkönigin hatte, welche nach einer Sitte des Landes den jeweiligen Premierminister zum Manne nahm. In jedem Falle war Madagaskar seit dem französischen Kriege dort dem Interessentenkreise der Europäer nahe gerückt und verschwand nicht mehr vom Schauplatz der politischen Konstellationen.

Madagaskar ist eine der größten Inseln der Erdkugel. Es umfaßt mit den kleinen Inseln Nossi Bé, St. Marie und anderen unmittelbar an der Küste gelegenen ein Areal von 591,694 qkm, ist also größer als Deutschland. Die Bevölkerung wird auf 5 Millionen Seelen angegeben. Von diesen 5 Millionen ist etwa die Hälfte dem Stamme der Hova, der herrschenden Rasse, zuzurechnen, der Rest entfällt auf die Sakalaven und andere eingeborene Stämme. Die Hauptstadt Antananarivo auf dem Hochlande des Innern zählt 50,000 Einwohner. Die Haupthäfen sind Tamatave an der Ostküste und Majunga an der Nordwestküste an der Bombetokebai.

Bezüglich der Bevölkerung Madagaskars, so schreibt Sievers, stehen wir erst im Anfange der Forschung. Doch ist die Zweiteilung in ganz verschiedene Rassen sichergestellt und ebenso die Tatsache, daß wir es in einem Teile der Madagassen mit einem Afrika sonst völlig fremden Volke zu tun haben, nämlich mit einem malayischen, wogegen namentlich im Westen, der afrikanischen Küste gegenüber, Stämme von negroidem Typus sitzen, welche politisch den malayischen Hova der Ostseite unterworfen sind. Zwischen dieen beiden grundverschiedenen Elementen lassen Übergänge eine mischung nicht nur in den einzelnen Grenzdistrikten, sondern auch innerhalb der einzelnen Stämme erkennen, aber beide Rassen, die Hova und die Sakalaven, haben sich in ihrer großen Mehrzahl noch genügend rein erhalten, um in bestimmter Weise körperlich und geistig charakterisiert werden zu können.

Die Hova sind von heller, olivengelber Hautfarbe, nicht selten heller als die Südeuropäer, die Augen kastanienbraun, die Haare schwarz, das Gesicht im unteren Teile zurücktretend; an körperlicher Kraft mangelt es ihnen, doch ersetzen sie den Ausfall derselben durch Behendigkeit, Lebhaftigkeit und Zähigkeit. Ihr Typus ist entschieden malayisch, und auf Einwanderung von Südostasien deuten auch ihre Traditionen. Wie die Flora und Fauna Madagaskars ausgeprägt malayische Elemente enthält, so weist auch die Bevölkerung des Ostens und ihre Sprache auf die Malayen hin.

Die madagassischen Dialekte haben einen so altertümlichen Charakter, daß man die Einwanderung der Hova in Madagaskar schon in die Zeit vor der Ausbreitung der Malayen über südostasien und Polynesien hat setzen wollen, also in eine Zeit, wo die Malayen noch gemeinsame Sitze in Südasien hatten. Traditionen der Hova berichten von 26 Könige , sodaß seit der Ankunft der ersten Einwanderer etwa 800 Jahre verflossen sein müßten. Wahrscheinlich aber geschah die malayische Besitzergreifung von Madagaskar weit früher. Eine Antahl von anderen Übereinstimmungen mit südostasiatischen Völkern ergibt sich aus der Vergleichung ihres Kulturbesitzes. Reis, Zuckerrohr, Taro werden unter den Hova angebaut, wie auf dem malayischen Inseln, wogegen die Sakalaven wie die Ostafrikaner mehr Neigung zur Viehzucht besitzen. Der südasiatische Blasebalg zur Eisenschmelze findet sich bei den Hova, ebenso die Sitte des Tabu und überhaupt malayische religiöse Anschauungen. Die Organisation der politischen Gemeinden scheint bis zum auftreten der Hova der afrikanischen Zersplitterung in einzelne kleine Stämme entsprochen zu haben, aber auch jetzt ist das Hovareich noch nicht vollkommen fest gefügt. Wahrscheinlich ist Madagaskar lange Zeit hindurch von malayischen Stämmen fortgesetzt aufgesucht worden, woraus schließlich ein so bedeutendes Anschwellen der Malayen entstand, daß sie die Herrschaft über die Insel an sich reißen konnten.

Beide Völkerstämme, Hova wie Sakalaven, bedienten sich als Bekleidung bis zur europäischen Beeinflussung eines Lendentuches und eines Umschlagtuches, die erst neuerdings durch europäische Tracht verdrängt worden sind. Die malayischen Stämme tragen ihr Haar kurz geschoren, in der Mitte gescheitelt, darüber den Strohhut. Als Schmuck dienen Ringe und Spangen, als Waffen bei den Hova Gewehre, welche jedoch die Schilde, Dolche, Speere, Äxte noch nicht ganz verdrängt haben.

Bei fast allen Bewohnern Madagaskars werden die Häuser und Hütten aus ton gebaut und sind sehr dauerhaft. Das Dach wird auf Pfosten gestellt, welche das Haus umgeben, sodaß Vorhallen oder Veranden entstehen. Da das Haus desto höher ist, je höher der Rang des Besitzers, so ragen in der Hauptstadt Antananarivo über die unregelmäßig angeordneten, an steilen Straßen hinauf gebauten Häuser die königlichen Paläste hoch empor. Diese tragen denselben Stil wie die übrigen Häuser, haben aber große Dimensionen. Die meisten Dorfschaften sind von Mauern umgeben und liegen auf steilen Bergen.

Um die Dörfer waren früher häufig Ringgräben gezogen, je mehr sich aber die Herrschaft der Hova kräftigte, desto seltener wurden die so befestigten Ansiedelungen. Dank der Geschicklichkeit der Hova in Eisenarbeiten und den meisten Gewerben sind die Häuser mit vielen Geräten ausgestattet, nur die töpferei ist schwächer entwickelt.

Die Sakalaven bewohnen besonders den Süden und Westen der Insel. Sie sind die Vertreter des negroiden Typus und werden oft mit den Kaffern* verglichen. Buschige, gekräuselte, wollige Haare, die sie in einzelne Zöpfe flechten, dunklebis tief schwarzbraune Farbe sind ihnen mit wenigen Ausnahmen eigen. Als Kleidung verwenden sie derselben Gewänder wie die Hova, während sonst die Viehzucht treibenden Afrikaner meistens Felle zu Kleidungsstücken umgestalten. Die Sakalaven treiben, wie erwähnt, vorwiegend Viezucht und auf ihr fußt ihre gesamte soziale Ordnung; wird doch auch hier das Weib durch Kauf für mehrere Stücke Vieh erworben. Die Ansiedlungen der Sakalaven sind primitiv. Recheckige Hütten werden zwischen Baumgruppen aufgestellt und mit Laub bekleidet, sodaß die Sakalavenorte schon von weitem von den Hovadörfern durch die Bauart unterschieden werden können. Auch Ackerbau ist den Sakalaven vertraut, und zwar zumeist Reis- und Zuckerrohrkultur.

Zuckerrohrernte
Nosy Be

Über die frühere Vorherrschaft der Sakalaven und ihre sonderbaren Gebräuche beim Thronwechsel berichtet G. Kurze (Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft zu Jena 1887) folgendes: Alle Sakalaven stimmen darin überein, daß sie die ältesten Bewohner und die einzig rechtmäßigen Besitzer der Insel seien. Nur der zuletzt eingewanderte, jetzt dominierende Hovastamm gilt den Sakalaven als fremdes Element, dessen Anspruch auf die Oberherrschaft verächtlich zurückgewiesen wird. Einen Beweis für die feindliche Gesinnung, welche die Sakalaven gegen die Hova hegen, liefert der Schimpfname "Amboalambo" (zusammengesetzt aus "Amboa", Hund, und "Lambo", Eber, Schwein), mit dem sie die Hova anstatt des sonst üblichen Wortes "Amboniandra" bezeichnen.

Nur mit Ingrimm und Wut erzählen die Sakalaven davon, wie die Hova zu Anfang dieses Jahrhunderts in ihr Land einfielen und große Strecken davon an sich rissen. Der mächtigste aller Sakalavenkönige, der Herrscher von Menabe, wurde im Jahre 1824 von Radama I., dem Fürsten der Hova, besiegt und mit seiner ganzen Familie unter strenger Bewachung in seiner alten Residenz Mahabo interniert. Im Gegensatz zu Menabe hat die Landschaft Fiherenga bisher ihre Unabhängigkeit bewahrt, und auch jetzt noch residiert eine Sakalavakönigin in Mahabo, die unter genauer Überwachung von seiten eines Hovagouverneurs eine Art Scheinregiment über ihre Untertanen ausübt. Im letzten Kriege mit den Franzosen machten die Sakalaven häufige Raubzüge in die westlichen Täler der Provinzen Imerina und Betsileo.

Der Talisman eines jeden Königs der Sakalaven, und selbst für einen unrechtmäßigen Thronprätendenten verheißungsvoll, ist der Isini, die heilige Medizin. Ein solcher Isini, der den Ehrentitel "Vater des Königs" führt, besteht aus Haarbüscheln und Nägeln der verstorbenen Könige sowie aus Krokodilzähnen. Jeder König vermehrt nach seinem Tode das heilige Erbstück durch eine probe seines Haares und je einen Nagel von einem Finger und einer Fußzehe. Mit dem Nagel wird zugleich das Vorderglied des Fingers abgelöst, getrocknet und dann neben die anderen Fingerreste aufgereiht. Ist diese Operation eine leichte Sache, so macht die Beschaffung eines Krokodilzahnes mehr Ungelegenheiten. Das Tier wird unter allerlei Opfern und Zeremonien im Fluß Fiherenga gefangen, gefesselt und, nachdem ihm bei lebendigem Leibe mit Zangen ein paar Zähne ausgerissen worden sind, wieder ins Wasser gelassen. Die Zähne erhält der König, der sie dem Isini hinzufügt.

Der Kern des Hovareiches bilden die Hova und Betsileo, und zu ihnen treten die den Hova ähnlichen Stämme der Betsimaraka an der Ostküste, welche wieder in eine Reihe von Unterabteilungen zerfallen. Zwischen den Hova und Sakalaven stehen die Mischstämme der Taimoro, Taifaka, Tanofy, Tandroy und andere. Außer den Sakalaven und den Hova leben auf der Insel Madagaskar noch kleinere Stämme, die Masimba, im westlichen Teile der Insel, auf die wahrscheinlich die zahlreichen Nachrichten von Zwergen zu beziehen sind.

Fremde Elemente auf Madagaskar sind die Araber, Inder und die Suaheli. Namentlich die letzteren haben sehr viele Niederlassungen an den Küsten, aber an Einfluß übertreffen sie weder die Araber noch die Inder. Arabische Ansiedlungen, Schrift und Bücher waren früher weit häufiger als heute, und auch der anfangs bei der Küstenbevölkerung eingedrungene Islam ist schnell von dem Christentume zurückgedrängt worden, zu welchen sich die Hova bekennen. Dasselbe ist offiziel als Presbyterianismus eingefürt worden, vielleicht gerade als Gegengewicht gegen des Islam.

Die Sakalaven haben den Glauben an Dämonen, sowie an die Seelen der Ahnen und üben Berg- und Steindienst aus; Zaubermittel sind für alle Unternehmungen, gegen Krankheiten, Unannehmlichkeiten im Gebrauche. Tierfabeln, Aberglaube in Bezug auf Pflanzen, Wasser, Weissagung aus Eingeweide gehören zu den verbreitesten Dingen. Im Grunde ist also Fetischdienst und Ahnenkult der vorherrschende Charakter der religiösen Anschauungen. Auch finden sich zahlreiche wirkliche Idole, Götzenbilder, sowie gewöhnliche, als Fetisch benutzte Gegenstände, Zähne, Silberkugeln, Gerten, Korallen, Tuch oder geschnitzte Vogel- und andere Tiergestalten.

*Kaffern= ein Kaffir ist ein ungläubiger, das Wort Kaffer wurde jedoch als Schimpfwort bekannt.

Quelle Jaduland
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